Bierbrauerin Gisela Meinel-Hansen beantwortet beim ersten Klingeln ihr Telefon. Ob sie Zeit für ein Interview habe? Eigentlich sei ihr Terminkalender voll. Außer wir führen das Interview sofort. Worum es konkret gehe, müsse sie nicht unbedingt vorab wissen. Wir wollen mit der Powerfrau darüber sprechen, wie sie sich in dieser Männerdomäne behauptet und wie Bierliebhaberinnen ihr Hobby zum Beruf machen können – auch wenn sie nicht in eine Brauerfamilie geboren wurden.
Gisela Meinel-Hansen führt nicht nur die Familienbrauerei Meinel, sondern ist auch seit 1895 die erste Frau, die zur Präsidentin des Bundes der Doemensianer e. V. gewählt wurde. Das Präsidium des Berufsverbandes vertritt die Interessen von Bierbrauern und ist außer ihr komplett männlich. Gisela Meinel-Hansen findet: Es sollten nicht nur mehr Frauen Bier trinken, sondern auch brauen. Wie man zur Bierbrauerin wird und was an dem Bier für die Frau anders ist, erzählt Gisela Meinel-Hansen im Interview.
Was ist das Ausgefallenste, das auf Ihrem Schreibtisch steht?
Gisela Meinel-Hansen: Mein VW-Bus! Also eine Spardose in Form eines VW-Busses. (lacht) Damit spare ich, um gemeinsam mit meiner Schwester einen richtigen Bulli aufzurüsten. Damit möchten wir eine Bier-Tour fahren, um unsere Kollegen zu besuchen.
Wie würden Sie Ihren Job in drei Sätzen beschreiben?
Ich führe die Rohstoffe Hopfen, Malz, Hefe und Wasser zusammen. Daraus braue ich unser leckeres Bier. Zu meinem Job gehört es aber auch, zu verkaufen und unser Geschäft zu führen.
Wie ist es, als Frau in einer Männerdomäne zu arbeiten?
(lacht) Die Männer sind sehr witzig, entgegenkommend, manchmal auch etwas ruppig. Aber ich finde gemischte Teams sind immer die besten – auch wenn man sich natürlich mal den ein oder anderen Spruch anhören muss. Aber ich kann da ganz gut kontern. (lacht) Ich finde, wir Frauen sind in dieser "Männerdomäne" wichtig. Denn einige Dinge können wir deutlich besser als unsere männlichen Kollegen.
Was zum Beispiel?
Wir sind meist strukturierter und ordentlicher, was gerade in der Lebensmittelherstellung von Vorteil ist. Männer können dafür andere Dinge besser – vor allem, wenn mal was Schweres getragen werden muss, bin ich über jedes Paar starke Hände froh. (lacht)
Was waren die Meilensteine auf Ihrem Karriereweg?

Da meine Familie bereits seit 13 Generationen Bier braut, wurden meine Schwester und ich schon in jungen Jahren in den Betrieb eingebunden. Ich habe nach dem Abitur aber erstmal Getränketechnologie studiert, weil ich auch einmal über den Tellerrand drüber sehen wollte. Da ging es dann nicht nur um Bier, sondern auch um Spirituosen und Limonaden. Das Studium habe ich allerdings nicht abgeschlossen – das Bierbrauen hat mir einfach zu sehr gefehlt. Ich wollte meine Ausbildung dann nicht im elterlichen Betrieb machen, um auch draußen so viel wie möglich zu sehen und mitzubekommen. Deshalb bin ich während meiner Ausbildung in drei verschiedene Betriebe gegangen. Anschließend habe ich meinen Brau- und Malzmeister absolviert. Danach war ich dann bereit, in die Brauerei meiner Eltern zurückzukehren.
Was haben Sie sich vorgenommen, als Sie gemeinsam mit Ihrer Schwester den elterlichen Betrieb übernommen haben?
Meine Schwester Monika und ich wollten einerseits das, was unsere Familie über Jahrhunderte aufgebaut hat, in Ehren halten. Wir wollten auch weltoffen sein und in Qualität investieren. Gleichzeitig hatten wir aber auch eigene Visionen: Die Profile der 17 Biere, die wir herstellen, noch stärker schärfen und neue Absatzwege finden. Vor allem aber auch: Bier weiblicher zu machen! So haben wir vor sechs Jahren, gemeinsam mit unserer Freundin Isabella Mereien, die Marke "Holla die Bierfee" gegründet. Das ist Bier von Frauen für Frauen!
Was ist anders an dem Bier für die Frau?
Es ist etwas abwechslungsreicher: Frauen sind beim Bier deutlich experimentierfreudiger als Männer. Dabei ist der Geruch am wichtigsten, aber auch die Farbe muss ansprechend sein. Unser "Dinkel Ale" ist beispielsweise Kupferfarben und erinnert an Sonnenuntergänge.
Welche Rückschläge gab es?
Wenn einmal eine Biersorte nicht angekommen ist!
Hatten Sie jemanden, den Sie auf Ihrem Karriereweg als Ihren Mentor betrachten würden?
Es gab viele Leute, von denen ich lernen durfte – aber die eine Person, die immer an meiner Seite war, ist meine Schwester Monika. Mit ihr konnte ich mich immer austauschen und Erfahrungen teilen.
Was war der beste berufliche Ratschlag, den Sie je bekommen haben?
Über wichtige Themen nochmal eine Nacht zu schlafen und sich dann nicht unter Druck setzen zu lassen.

Familienbrauerei Meinel
Das Dinkel-Pale-Ale von Holla die Bierfee ist ein orange-rotes Starkbier.
Was ist Ihr Tipp für Frauen, die auch Bierbrauerinnen werden wollen?
Das Wichtigste ist, konsequent an der Sache zu bleiben und sich nicht beirren zu lassen. Die Ausbildung steht an oberste Stelle. Dann wissen auch die Kerle, dass sie mit dummen Sprüchen nichts bewirken können. (lacht) Das, was man gelernt hat, kann einem niemand mehr nehmen.
Wie sollte eine Frau vorgehen, die nicht das Glück hat, aus einer Bierbrauerfamilie zu kommen?
Auf jeden Fall Praktika machen, um herauszufinden, ob das wirklich etwas für sie ist. Man sollte sich da so viel wie möglich anschauen. Bier zu brauen macht zwar Spaß, aber das ist auch ein harter Job. Denn das Bier macht keine Pause, da muss man auch mal am Wochenende ran.
Was ist das Schönste an Ihrem Job?
Die Rohstoffe wachsen zu sehen! Wie der Hopfen im Juni bis zu neun Meter hoch wird und wir dann daraus ein tolles Bier zaubern.
Was fällt Ihnen bei der Arbeit am Schwersten?
Diskussionen um Preise! Wenn man sich mit seinen Mitarbeitern reinhängt, um aus regionalen Rohstoffen ein leckeres Bier zu brauen und das dann verramscht werden soll. Wir bringen unseren Kunden eine sehr hohe Wertschätzung entgegen und wünschen diese dann auch von der anderen Seite.
Welches große Ziel möchten Sie noch erreichen?
Mehr Frauen dazu bringen, Bier zu trinken.
Mehr von Gisela Meinel-Hansen unter holladiebierfee.de

privat
Gisela (links) betreibt zusammen mit ihrer Schwester Monika die Familienbrauerei Meinel.